Durch die Wüste

Sonnenaufgang in der Wüste. Kann man machen.

Es dauert fast drei Stunden bis wir das erste mal so richtig steckenbleiben. Mit richtig meine ich hier, dass wir nicht nur kurz stehenbleiben müssen damit wir den anderen kurz beim schieben helfen, sondern eine geschlagene dreiviertel Stunde graben, schieben, versagen, graben, verschieben, Bretter unterlegen, zerbrochene Bretter wieder ausgraben, versuchen, den grossen Sandberg auf dem sich das Auto zwischen den Rädern festgefressen hat, ein wenig wegzubekommen indem wir mit dem Wagenheber Luft schaffen und dann graben, und dann wieder schieben.
 
Wir sind eben verdammte Amateure in dem Thema. Unser Guide kann uns fürs erste leider nicht helfen - wir wissen es zu diesem Zeitpunkt nicht, aber der steckt selbst mit Serjs Allrad etwas ausser Sichtweite fest und es wird noch ein wenig dauern, bis sie zurückkommen. Als er schliesslich da ist, sieht er kopfschüttelnd auf unsere Versuche, teilt uns mit diese ganzen Dummheiten sein zu lassen und einfach nur zu graben und dann mit aller Kraft zu schieben was das Zeug hält. Und siehe da, nach ein oder zwei Versuchen mit der geballten kraft von 6 Männern, die sich hinter dem Auto drängen und Punkte suchen um auch mit anzupacken, kriegen wir Kalle aus dem Sand.
graben und graben und
uuuund frei :)

Das schöne dabei ist, dass die ganze Anstrengung die Stimmung nicht wirklich beeinträchtigt. Wir haben es erwartet und irgendwie wär es ja auch langweilig gewesen wenn wir immer ganz unproblematisch durchgekommen wären. Also klopfen wir uns auf die Schultern, machen männliches Ritualzeug um uns gegenseitig unsere Stärke zu beglaubigen, und trotten rüber zu Betsy [1], und beginnen zu graben.
und auch sonst wird viel gegraben & geschoben
 So und ähnlich wird es den ganzen Tag gehen. Wie schon erwähnt, macht es wirklich, wirklich Spass hier durch die (Semi)Wüste zu brettern, durch sich beständig änderndes Gelände, mal durch tieferen Sand und mal über festen Schotter. Unsere Reifen sind auf rund 0.8 bar entleert um mehr Grip zu haben, das bewährt sich. Und so fahren wir, über Hügel und nichts, durch mehr oder weniger gelbe Streicher und vorbei an Kamelen und einzelnen Hütern, klettern während der Fahrt auf die Dächer unserer Autos (weil wir’s können) und machen auch heute wieder jede Menge mässig kluger Dinge, alles um ein paar gute Aufnahmen zu erhaschen. Man kommt schliesslich nicht jeden Tag hierher.
das wollte ich schon immer mal machen :D

Das ganze hat die Geistige Reife von Volksschülern, bestenfalls. Aber das ist ok, ein wenig retrograde Infantilität hat im Zweifelsfall noch nie geschadet. Zwischendurch kommen wir in eines der skurrilsten Ferienressorts die ich je gesehen habe: zwei dutzend nicht stromversorgte Jurten mitten im Nichts, ohne Strasse hin oder zurück, an einem recht idyllischen Strand. Es sind ein paar Leute hier, zwei Familien schätze ich, aber was man hier eigentlich tut ist mir schleierhaft. Wenn das die mauretanische Vorstellung von Tourismus ist, ist auch nachvollziehbar, warum das hier kein relevanter Wirtschaftszweig ist.


Stärkeren Eindruck als dieses skurril entvölkerte Feriendorf macht dann jenes, dass bei der Ranger-Station des Band d’Arguin Nationalparks ist. Nebeninformation: wir fahren hier die ganze Zeit durch diesen Nationalpark, auch wenn mir unklar ist was die genauen Auswirkungen dieser Naturschutzzone sind. Müllvermeidung kann es nicht sein, aber wir sind ja natürlich auch nur bedingt an der Natur per se interessiert - per se gäbe es hier auch bezüglich der Fauna einiges zu sehen, Fennes Sandfüchse, Goldschakale, Dorkasgazellen und Streifenhyänen sind nur einige der von Wikipedia in diesem Zusammenhang erwähnten Tierarten. Gleichwohl, dass man nur wenige davon zu Gesicht bekommt wenn man in fünf abgewrackten Autos durch die Gegend poltert, versteht sich auch von selbst.





[1] Nick & Moonies 1985er Volvo für jene, die es nicht mehr wissen.

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