The Great Wall of China

Wir hatten bezüglich China einige Bedenken als Individualreisende. Wir würden nichts lesen können, niemand würde uns verstehen, die Chinesen würden uns wo auch immer es geht (und bei Reisenden geht das oft) abzocken und es würde unglaublich anstrengend werden.
Diese Befürchtungen nährten sich aus unterschiedlichen Quellen - Erzählungen aus dem Berufsalltag in China, Freunde mit negativen Erfahrungen, und ein - scheinbar völlig übertriebenes - Büchlein namens Kulturschock China über die Kulturunterschiede zwischen China und dem Rest der Welt.

Ohne zu weit vorgreifen zu wollen, nichts davon stellte sich als begründete Befürchtung heraus.

Und so war der Beginn unseres Chinaaufenthaltes gleichermaßen unproblematisch wie angenehm. Die China Post ist zuvorkommend und ausgezeichnet (wir hatten einiges an warmen Gewand heimzuschicken, das wir nach der Mongolei nicht mehr brauchen würden), die U-Bahn durchwegs englisch beschildert, die Chinesen freundlich und scheinbar nicht an Abzocke interessiert. Auch ist Peking ein Ort, in dem man sich unbekümmert bis tief in die Nacht bewegen kann.

Englisch. Geht doch.


Das ist ja immer so eine Sache beim Reisen, die Sicherheit. Genauer, die gefühlte Sicherheit. Es gibt Reiseführer, es gibt die Reisehinweise des Innenministeriums, und die sind ja auch sehr hilfreich.
Das wichtigste ist jedoch, zumindest für mich, das Bauchgefühl.

Es gibt Städte, wie beispielsweise Fianarantsoa in Madagaskar, wo meine Nerven zu vibrieren beginnen sobald die Sonne untergeht, und ich eher ein gespannten Feder gleiche. Auch in Ulaanbaatar geht man nicht unbekümmert durch die Dunkelheit.

Peking ist keine solche Stadt. In Peking, so das Gefühl, kann einem eigentlich nichts passieren, solange man nicht ausgesprochen dämlich ist und in dunklen Hintergassen sein Geld zählt (was aber in keiner Stadt der Welt eine gute Idee ist).

gefahrlos, auch bei Nacht.


So beschränken sich die Gefahren im sommerlichen Peking auf Hitzschlag, Dehydration und leicht depressive Verstimmungen angesichts des immergrauen, sonnenlosen, dunstigen Himmels.

Typisches Pekingwetter. Trotzdem brütende Hitze.


Ansonsten bersten die Attraktionen der Hauptstadt Chinas beinahe vor Touristen, und zwar hauptsächlich vor - genau, Chinesen. Westliche Touristen sind außerhalb des Hostels recht selten zu sehen - so selten, dass wir häufig gebeten werden, für Gruppenfotos bereitzustehen, und auch sonst auf vielen Fotos zu sehen sind. Chinesen sind nicht allzu gut dabei, unauffällig Fotos zu machen :)

Um hier auch mal etwas zu den Attraktionen zu sagen: die Verbotene Stadt ist eine bemerkenswerte Zurschaustellung von Macht und Größe.

eher gigantomanisch
und Mauern von beträchtlicher Höhe
don't fuck with me, buddy

Die chinesische Mauer übertrifft dies noch mal bei weitem. Dabei ist nicht die Höhe oder Breite dieses militärisch zu allen Zeiten völlig nutzlosen Bauwerks, sondern der Ort beeindruckend - über diese Berge ohne maschinelle Hilfsmittel eine solche Mauer zu errichten, ist wahrlich Ehrfurcht gebietend.

Auch der Olympiapark soll nicht unerwähnt bleiben. Die Stadien sind spannend anzusehen, aber vor allem ist hier - 4 Jahre später - kein ausgestorbenes Areal, sondern eine belebte Flaniermeile mit Straßenkünstlern, Trickskatern, den üblichen Verkaufsständen und mehr oder weniger exotischen Speisen, von einfachen Reisgerichten bis zu den unvermeidlichen Schockern: gebratene Tausendfüsser, Seepferdchen und Kakerlaken.

Der schönste Teil von Peking liegt aber abseits der großen Attraktionen dieser überraschend grünen Stadt. In den kleinen Seitengassen, den Hutongs, vermeint man das klassisch chinesische Stadtleben zu spüren. Nördlich der verbotenen Stadt fahren in kleinen Seen und Kanälen Tretboote durch von kleinen Lokalen gesäumte Gassen, Rikschas und Fahrräder ziehen vorbei. Leute versuchen sich an unterschiedlichen Geschicklichkeitsspielen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Federball und Hagisack haben. Und ja: das Ganze hat eine deutliche Urlaubsstimmung. Ob hier nun Peking Chinesen oder chinesische Touristen flanieren, können wir freilich nicht sagen - sehen für uns ja alle gleich aus.

Position:Peking, China

Kommentare

  1. ...ein Büro-internes Gespräch hatte auch ein paar Bedenken von euch genommen. Mein Aufenthalt im Jahr 2002 in Shanghai war ebenso unproblematisch und in keiner Weise durch Angst oder Abzockereien geprägt-- nicht einmal im Ansatz (und ich war lang und in komischen Gegenden unterwegs...)

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