Grenzsalsa, oder: Zweite Klasse? Doch nicht soo langweilig.

Immer vorausgesetzt, man ist mit den richtigen Leuten unterwegs. In unserem Fall:

Marie Carmen, eine durchgeknallte Spanierin Mitte fünfzig, die niemals zu reden aufhört, außer (vielleicht) im Schlaf.
Angelo, ein französischer Schürzenjäger Anfang Sechzig, stiernackig und versixpackt, den nach überstandenen Darmkrebs wohl nichts mehr aus der Ruhe bringt.


Raphi verwirrt im babylonischen Sprachgewirr. Marie Carmen vorne links.



Angelo mit Flirtgrinsen

So besetzt, stehen wir an der Grenze Russland-Mongolei, und werden wieder und wieder kontrolliert. Zuerst läuft mal die Zugbegleiterin durch und sagt uns, wir sollen die Pässe vorbereiten. Dann marschieren jede Menge grimmig dreinschauender Uniformierter vorbei, eine davon sieht sich alle unsere Pässe an. Dann wir der Gang wieder leer, bis eine Viertelstunde später wieder Uniformen sichtbar werden, die unsere Paesse diesmal absammeln. Ist nun ca. dreißig Minuten her. Dann wird das Licht ausgeschaltet, warum auch immer, die Leute vom Zoll kommen vorbei, immer wieder mal spazieren Uniformierte vorbei, hie und da auch mit Hund. Irgendwann werden wohl die Pässe zurückgegeben werden, und wir fahren weiter. Und das war erst die Russische Seite.

Augenscheinlich bin ich da konservativ, aber ich hab es an Grenzen üblicherweise so gehalten: unauffällig freundlich schauen, Pass hergeben, Klappe halten.

Muss man aber offensichtlich nicht. Angelo flirtet auf Teufel komm raus mit jeder Grenzbeamtin, Zugbegleiterin, Zollkontrolleurin und was ihm sonst noch vor die Flinte läuft, mit jenem breiten unschuldigen französischen Grinsen, dass sie fast alle zumindest zum lächeln bringt, gleichgültig, wie bemüht unnahbar sie sich zuvor gegeben haben.

Und Carmen? Der ist ohnehin alles egal. Sie ist Spanierin, und ihr kann alleine schon deshalb niemals nirgends irgendetwas passieren. Schließlich ist das hier nicht Spanien, und was nicht Spanien ist, muss man nicht ernst nehmen. Unterstelle ich ihr mal.

Auf den vier Quadratmetern unseres Abteils haben sich mittlerweile 7 Leute versammelt, die in hellem Mischmasch aus verwirrtem italienisch, rasantem Spanisch und eingeworfenem Englisch reden. Irgendwann einigen sich Carmen und Angelo darauf, dass Angelo nun Salsa zu lernen hat.

Völliger Irrsinn :), und wundervoll.



Beim Einstudieren der Grundschritte. Foto von Raphi aus der für sie ungewohnten Vogelperspektive

Da stehen sie nun also am schmalen Gang, tanzen, und Carmen erklärt lautstark den Uniformierten, dass hier nun Salsa getanzt werde, da könne man wohl nichts machen. Gleichzeitig fordert sie mich auf, die salsamusik im iPad doch endlich lauter zu drehen - forza, forza.

Und ehe wir uns Versehen - hat ja kaum sechs Stunden gedauert für einen ordinären Grenzübertritt - sind wir in der Mongolei. Horray!



Tschingis heißt uns persönlich Willkommen.

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