Die grüne Mongolei

Natürlich ist nicht die gesamte Mongolei eine Wüste, und natürlich haben wir uns auch noch andere Gegenden angesehen, oder, genauer, eine andere Gegend. Der Terelj Nationalpark ist ein mal umfallen von Ulaanbaatar entfernt, also etwa drei Stunden moderat ruckelige Busfahrt - die Straße ist sogar durchgehend asphaltiert. Das macht Terelj zum beliebten Ausflugsziel für jene, die die Mongolei als kurzen Zwischenstopp auf ihrer Transsibierienfahrt besuchen.

Schon daran (der durchgehenden Asphaltierung) kann man abschätzen, dass es sich hier um einen vergleichsweisen Kindergeburtstag handelt. Für unsere kurze Tour (drei Tage) brauchen wir nicht mal ein Zelt, da überall Gast-Gers zur Verfügung stehen.

In der Tat sind Fauna und Flora nicht mit Gobi vergleichbar: Unmengen an Wasser (auch für lokale Verhältnisse, es gab einige Tage zuvor eine Überschwemmung), jede Menge Fliegen und Moskitos, und hauptsächlich Kühe, Yaks und jede Menge Pferde. Natürlich gibt es auch reichlich Schafe und Ziegen, sie stellen hier nur nicht den Hauptteil der Tiere.

Jede Menge Wasser.



Insgesamt sieht es hier aus wie auf einer großen, großen Alm.

Im Vergleich zur Gobi ist das hier Urlaub am Bauernhof, nur eben in einem Ger. Muss nicht schlecht sein: immerhin ist es sehr entspannend, wir kommen ernsthaft zum Reiten,

und können uns im Bogenschießen versuchen (obwohl es uns nicht ganz richtig gezeigt wird),

erleben das Ausnehmen eines Hermelins mit (werden nicht selbst gegessen, sondern als Delikatesse verkauft)

und ich stelle fest, dass ein Karren mit einem jungen Jak im Zuggeschirr mit meinem aktuellen Lauftempo nicht einzuholen ist (ich war kurz abgestiegen um ein Foto zu machen, und unser Gastgeber gab mir die Gelegenheit, das mal ein wenig auszutesten. Verdammt, sind die Biester schnell :).
verloren.

Zuletzt zeigt sich noch, dass Kühe wesentlich einfacher als Ziegen zu melken sind, und Raphi bekommt viel Lob für ihre Fähigkeiten im Umgang mit Eutern.


Reiten, das gehört auch mal gesagt, ist zwar beileibe keine bequeme Fortbewegungsart, aber eine sehr spaßige. Das zweite Pferd, dass ich geritten habe, war wahrlich traumhaft: wunderbar zu lenken und sehr trabfreudig. Irgendwie wie ein Mountainbike, dem man nur die grobe Richtung sagt, und es kümmert sich um den Rest. Feine Sache, wirklich feine Sache.

Ansonsten zeigt hier alles, dass es sich um eine deutlich fruchtbarere Gegend handelt: die Gers sind größer, besser ausgestattet und stehen gerade mal einen Kilometer auseinander. Es gibt hier wirklich viele Tiere und die relative vielen Touristen sorgen offensichtlich für ein angenehmes Zusatzeinkommen - das sorgt auch für solides Basiswissen in Englisch. Das war's dann wohl mit unserem "Tini hol Hamster Bäh". Schade eigentlich.

Wir wollten unseren Besuch schon als 'ereignislos, aber nicht uninteressant' abstempeln, als sich der Rückweg zur Busstation als ziemliches Abenteuer entpuppt. Nach etlichen kleineren Wasserquerungen (gibt ja kaum Brücken) gilt es einen rasch fließenden, angeschwollenen Fluss zu durchqueren.

Von unseren Pferden ist nicht mehr all zu viel zu sehen: Kopf, Hals und eine handbreit des Körpers ragen noch aus dem Wasser, auch die Füße sind bis zu den Knien nass.
Authentische Skizze der Überquerung.


Ein beeindruckendes Erlebnis. Man spürt deutlich den Druck des Wasser und das Pferd, das sich vehement und mit beträchtlicher Anstrengung dagegen stemmt. Und fragt sich, womit denn eigentlich, denn nach meinem Verständnis dürften Hufe auf den nassen Steinen des Flussbettes keinen allzu guten Grip haben. Aber sie halten, wie auch immer, und Schritt für Schritt tastet sich mein Hengst zum anderen Ufer.

Nach einer knappen Minute, die sich aber viel länger anfühlt, sind wir auf der anderen Seite. Ich beuge mich erleichtert vor, tätschle meinem Pferd den Hals und murmle ein paar mal irgendetwas wie 'gut gemacht' oder 'braver Kerl'. Solche Ereignisse verbinden auf eine sehr tiefgehende Art und Weise.

Eine Viertelstunde später kommt auch der Ochsenkarren an und macht sich auf den Weg über den Fluss. Auch dieser wird nach einigen Schrecksekunden nicht weggeschwemmt, sondern bringt unser Gepäck trocken ans andere Ufer.

Beeindruckend auch die nachbarschaftlichen Szenen, die sich während der Wartezeit um uns herum abspielen: Männer in Gummistiefeln tragen alte Frauen über kleinere Bäche, Pferde werden gemeinschaftlich als improvisierte Fähre eingesetzt und bringen Kleinfamilien auf die jeweils anderen Flussseiten. Es wärmt einem richtig das Herz.

Nachdem wir nun also Wilde Pferde zugeritten, reißende Flüsse überquert und den Umgang mit Pfeil und Bogen erlernt haben, fühlen wir uns wie richtige mongolische Cowboys.
Cowboy und Bier

Derart gewappnet, werden wir uns in den nächsten Tagen ansehen, wie die Profis das machen: das Nadaam Festival steht an! Am Nationalfeiertag der Mongolen werden beim größten Fest des Jahres die nationalen Sportarten zelebriert: Ringen, Bogenschießen und Pferderennen. Die Augen jedes Mongolen beginnen beim Gedanken an Nadaam zu glänzen, sagt man. Mal sehen :)

Position:Terelj National Park, Mongolei

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