Andrej vom Baikalsee

Wenn man schon in Irkutsk ist, muss und will man sich natürlich auch den Bailkalsee ansehen. Die Reise zahlt sich aus - immerhin sind wir kostenlos Boot gefahren, haben Betrunkene Russen im eiskalten Baikalsee baden gesehen, und ich hab beinahe im Armdrucken gegen einen Seemann gewonnen. Aber davon später mehr.

Nach einigem Gesuche haben wir ein Marschrutky gefunden, dass uns zum richtigen Ort bringt.

Die Plätze waren nicht eben optimal: wir saßen gegen die Fahrtrichtung, was für Raph immer ungünstig ist - sie verträgt das nicht so gut.
Vorne links sitzt ein älterer Russe mit wettergegerbtem, pockennarbigem Gesicht.


Nachdem er uns eine Zeitlang angestarrt hat, beginnt er mit Raph zu sprechen - unverständliches russisch, durchsetzt mit ein paar Brocken Englisch. Netterweise tauscht er mit Raphi Platz, und sie sitzt dann vorne im Bus - deutlich angenehmer.

Er heißt Andrej, und wird de Großteil des restlichen Tages mit uns verbringen, und wir werden einen Heidenspass damit haben, mehrsprachig zu radebrechen.


Andrej erklärt, Raphi zeichnet. Activity mit Andrej

Er sei Seemann, seit kurzem auf einem neuen Schiff, und natürlich glauben wir die ganze Zeit, dass er uns etwas verkaufen, oder zumindest abschnorren will.

Damit tun wir ihm ziemlich Unrecht, anscheinend will er nur Gesellschaft, lädt mich auf ein Bier ein (natürlich folgen Gegeneinladungen), lässt uns kostenlos auf seinem alten Boot eine ansonsten unspaektakulaere Minikreuzfahrt mitmachen (er kennt die Crew), zeigt mir die Brücke, und schließlich, aus dem Moment heraus, wird er gegen mich um etwa 15€ Einsatz Armdrücken.
Ein hoch surrealer Moment. Wir sind in der Kantine des Schiffes, alle Augen auf uns gerichtet, ich Drücke und Andrej sieht beim Fenster raus und tut, als ginge ihn das alles gar nichts an.

Er ist nicht allzu stark, überraschenderweise. Ich hätte gedacht, ein Seemann wird mich mit dem kleinen Finger herbiegen, aber anscheinend sind wir von den Zeiten, an denen sie schwere Seile Zogen und riesige Leinensegel zur Rah hochhievten, doch schon einige Jahrhunderte entfernt.


beinahe gewonnen.

Wie dem auch sei, zum Schluss verliere ich, weil er seine zweite Hand Zuhilfe nimmt. Ich lache und nehme an, dass er jetzt abwinken und wir weiter Bier trinken werden, aber er verlangt sein Geld. Achselzuckend gebe ich es ihm, aber irgendwie ist von da an alles etwas seltsam.


und unverschuldet verloren.

Das Boot kommt zurück in den Hafen, wir wollen den lokalen Fisch Omul kaufen, und Andrej, nun ja, Andrej ist weiterhin einfach dabei. Dann geht er mit uns zum Strand und beginnt sich auszuziehen. Es hat etwa 10 Grad, die Leute laufen mit Hauben rum, es nieselt, der See ist eiskalt, er ist betrunken, aber er springt rein. Dabei wankt er, und das Kälte Wasser verstärkt sein Zustand nochmal deutlich. Als er rauskommt - wir hatten die realistische Befürchtung dass ich mein Rettungsschwimmerabzeichen würde benutzen müssen - kann er kaum noch stehen, während er sich wieder anzieht.


der See war so richtig kalt.

Der Rest ist kurz erzählt: er hilft uns beim aussuchen eines Fisches am Markt, geht mit uns noch auf einen Kaffee, und hilft uns nach der Suche nach einem Gefährt zurück nach Irkutsk. Ein wirklich ausgesprochen netter Kerl. Mach's gut, Andrej.

Hier noch die restlichen Fotos, und der Flickr-Link.


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